78 —
beschäftigen. Einen hohen Ruf genießt Halle durch seine
Maschinenfabrikation, die wesentlich unterstützt wird durch die
Bedeutung der Stadt Halle als Eisenbahnkreuzungspunkt.
7. den Verkehr.
Gleich dem Handel ist auch der Verkehr Sachsens ein
ungemein lebhafter.
Ihm dienen: 1. die Wasserstraßen, 2. die Eisen-
bahnen.
Welchen wirtschaftlichen"wert haben die Wasserslrafsen?
Unter den Wasserstraßen kommt fast nur die Elbe in Be-
tracht, weshalb sie von höchster wirtschaftlicher Bedeutung
für Sachsen ist. (Die übrigen Flüsse sind nur auf ganz kurze
Strecken schiffbar.)
Die Eisenbahnen: Keine Landschaft innerhalh des Reiches
kann sich rühmen, ein so engmaschiges Eisenbahnnetz zu be-
sitzen wie Sachsen. Die Gesamtlänge der Schienenwege im
Königreich Sachsen beträgt über 3000 km.
Die wichtigsten Linien, die meist Teilstrecken inter-
nationaler Verkehrswege bilden, sind folgende:
a) Leipzig—berlin,
b) Leipzig—magdeburg—hamburg,
c) Leipzig—kassel—frankfurt a. M.,
d) Leipzig—hof—nürnberg—münchen (bayerische Bahn),
e) Leipzig—eger—regensburg—münchen,
Leipzig—riesa—dresden \ —Görlitz—breslau,
Leipzig—riesa—dresden I Bodenbach—wien.
Reichenbach—chemnitz—dresden—görlitz—breslau.
Den Verkehrsmittelpunkt dieser letzten Bahn, die am
Nordfuße des Erzgebirges entlangzieht, bildet Chemnitz; alle
das Gebirge überschreitenden Strecken münden in diese.
Zusammenfassung.
So nimmt Sachsen infolge seines ergiebigen
Bodenbaues, seines großen Reichtums an wertvollen
Bodenschätzen, seiner zahlreichen Verkehrsmittel und
gediegenen Bildungsstätten aller Art eine außerordent-
lich hohe, wirtschaftliche Stellung im Reiche ein. Ja,
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium]]
TM Hauptwörter (200): [T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe]]
Kleine Wirtschafts-, Handels-
und
Verkehrsgeographie.
Zum Gebrauch in
Fortbildungs-, Handels- und Fachschulen
bearbeitet von
Emil Keuchel und Johannes Oberbach,
Lehrern der Städt. Handelslehranstalt zu Frankfurt a.m.
Ii. Teil,
enthaltend
die Verkehrsländer des Deutschen Reiches,
nach Wirtschaftsgebieten geordnet.
Dritte verbesserte Auflage.
Preis M 1.20, gebunden M 1.50.
Berlin 1908.
Verlag von Wilhelm Süsserott,
Hofbuchhändler Sr. Kgl. Hoheit des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin.
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T8: [Abschnitt erster Periode zweiter Zeitraum dritter Kap Buch Kapitel vierter]]
Extrahierte Personennamen: Emil_Keuchel Johannes_Oberbach Wilhelm_Süsserott Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Frankfurt Berlin Mecklenburg-Schwerin
t
— 14 —
Jüngling, und seine vorige, blühende Gestalt wurde ihm bitter vor>
gegaukelt.
Er konnte es nicht mehr sehen, er verhüllte das Auge, tausend
heiße Tränen strömten versiegend in den Schnee, er seufzte nur
noch leise, trostlos und sinnlos: „Komm nur wieder, Jugend, komm
wieder!"
Und sie kam wieder; denn er hatte nur in der Neujahrsnacht
so fürchterlich geträumt — er war noch ein Jüngling. Nur seine
Verirrungen waren nicht bloß ein Traum gewesen. Aber er dankte
Gott, daß er noch jung war und von den schmutzigen Gängen des
tasters umkehren und sich auf die Sonnenbahn zurückbegeben konnte,
die ins reine Land der ewigen Ernten führt.
Aehre mit ihm um, junger Leser, wenn du auf seinen Irrwegen
stehst. Dieser schreckende Traum wird künftig dein Richter werden!
Aber wenn du einst jammervoll rufen würdest: „Komm wieder,
schöne Jugendzeit!" — sie würde nicht wiederkommen.
Jean Paul Friedrich Richter.
13. Die deutsche Turnkunst.
Wie so viele Dinge in der Welt so hat auch die deutsche Turnkunst
einen kleinen, unmerklichen Anfang gehabt. Ich wanderte gegen das Ende
des Jahres 1809 nach Berlin, um den Einzug des Königs zu sehen.
Bei dieser Feier ging mir ein Hoffnungsstern auf, und nach langen Jrr-
jahren und Irrfahrten wurde ich hier heimisch. Liebe zum Vaterlands
und eigne Neigung machten mich wieder zum Jugendlehrer, was ich schon
so oft gewesen war. Zugleich ließ ich mein „Deutsches Volkstum" drucken.
In schöner Frühlingszeit des Jahres 1810 gingen an den schul-
freien Nachmittagen der Mittwoche und Sonnabende erst einige Schüler
mit mir in Feld und Wald, bald folgten immer mehr und mehr. Die
Zahl wuchs, und es wurden Jugendspiele und einfache Übungen vor-
genommen. So ging es fort bis zu den Hundstagen, wo eine Unzahl
von Knaben zusammenkam, die sich aber bald nachher verlief. Doch
sonderte sich ein Kern aus, der auch im Winter als Stamm zusammen-
hielt, und mit dem dann im Frühjahr 1811 der erste Turnplatz in der
Hasenheide (bei Berlin) eröffnet wurde.
Jetzt wurden im Freien öffentlich und vor jedermanns Augen von
Knaben und Jünglingen mancherlei Leibesübungen unter dem Namen
Turnkunst in Gesellschaft getrieben. Damals kamen die Benennungen
Turnkunst, turnen, Turner, Turnplatz und ähnliche miteinander zu-
gleich auf.
Das gab nun bald ein gewaltig Gelaufe, Geschwätz und Geschreibe.
Selbst durch französische Tageblätter mußte die Sache Gaffen laufen.
Aber auch hierzulande hieß es anfangs: „Eine neue Narrheit, die
alte Deutschheit wieder ausbringen zu wollen." Dabei blieb es nicht.
Vorurteile wie Sand am Meer wurden von Zeit zu Zeit ruchbar. Sie
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Personennamen: Gott Jean_Paul_Friedrich_Richter Friedrich
284
arbeitete er seit seinem zwölften Jahre in Vorrat und mußte nach des
Vaters Willen bereits im Sommer damit anfangen. „Selbst Zeichen-
unterricht gab ich einst an vier Knaben und Mädchen", berichtet er selbst
aus seiner Jugend. „Die Stunde kostete a Person einen Groschen. Die
Vorlageblätter hatte ich selbst gezeichnet. Bisweilen wurde ich wohl vom
Spielplatz zur Ausübung meiner Pflicht und Würde geholt; ich präsen-
tierte mich dann in einem Kostüm, welches der Achtung der Schüler keinen
Eintrag tat — nämlich in einer grüngewürfelten Jacke und einer Leder-
hose; Mütze und Stiefeln waren im Sommer nicht nötig, ich ging barfuß.
Stiefel wurden nur Sonntags angezogen." Ein neues Kleid erhielt der
Knabe bis zu seiner Konfirmation nie, es wurde ihm entweder aus ab-
gelegten Sachen etwas zurechtgemacht, oder der Vater kaufte auf dem
Trödelmarkte ein notwendiges Kleidungsstück für ihn.
Weit entfernt, mit den ihn umgebenden ärmlichen Verhältnissen
unzuftieden zu sein, fühlte sich der Knabe durchaus glücklich und widmete
sich mit Eifer der Ausübung seiner Kunstfertigkeit. Die Erträgnisse der-
selben steigerten sich in den letzten Jahren vor seiner Konfirmation auf
10 bis 12 Taler jährlich. Diese lieferten einen willkommenen Beitrag zu
dem kärglichen Haushalt der Eltern. Welche Genugtuung war es für
ihn, mit seinem Fleiße den guten Eltern die Sorge erleichtern zu helfen!
Während andere Kinder sich am Spiel ergötzten, saß er in der einfachen
Wohnstube, über seine Arbeit gebückt, jede der schnell dahineilenden Minuten
benutzend. So lernte der junge Rietschel schon in der Kindheit den Wert
und die Bedeutung der kostbaren Zeit kennen und schätzen. Ihm bot
dabei das ftohe Gefühl, das treiben zu dürfen, wozu er vor allem Lust
hatte, tiefe Befriedigung.
So verging Rietschels Kindheit. Die Konfirmation kam heran und
mit ihr die Notwendigkeit, sich für einen Beruf zu entscheiden. Der Ge-
danke an die Kunst, der den Knaben am meisten beschäftigte, konnte wegen
der fehlenden Mittel nicht in Betracht kommen. Rietschel fand bei einem
Krämer seiner Vaterstadt als Lehrling Aufnahme. Das harte und strenge
Wesen dieses Mannes ertötete jedoch in kurzem die ohnedies geringe Lust
zum Kaufmannsstande in dem Jünglinge. Von schwerer Krankheit befallen,
mußte er nach wenigen Monaten ins Elternhaus zurückkehren. Unaufhalt-
sam brach nach seiner Genesung der langgehegte, immer wieder zurück-
gedrängte Wunsch hervor, sich auf der Dresdner Akademie zum Maler
auszubilden. Der Vater gab den heißen Bitten des Sohnes nach und
bemühte sich um Aufnahme für ihn an der genannten Anstalt. Rietschel
erhielt die Aufforderung, sich dem Akademiedirektor Seiffert vorzustellen.
Da die bei dieser Gelegenheit vorgelegten Zeichnungen dessen Beifall fanden,
wurde die Aufnahme des Jünglings in die Akademie zu Michaelis 1820
bewilligt.
Sein sehnsüchtiger Wunsch verwirklichte sich. Wohl wußte er, daß
der Zuschuß der Seinen ttotz aller Aufopferung nur sehr gering sein
konnte. Aber was galten ihm die seiner wartenden Mühsale und Ent-
behrungen, da er nun seinem Ziele zustteben durste! Mit wenig Geld in
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
TM Hauptwörter (200): [T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
286
Weitere Jahre eisernen Fleißes folgten den beiden ersten. Rietschel
erkannte bald, wieviel ihm an Wissen und Bildung fehlte. Jede Stunde,
die ihm seine Akademiearbeiten freiließen, verwandte er darauf, das Ver-
säumte nachzuholen. Daß er schon seit seiner Kindheit gewöhnt war, die
kostbare Zeit auszunutzen, das kam ihm jetzt doppelt gut zustatten. Das
kleine Dachstübchen sah seinen Insassen vom frühen Morgen bis zum
späten Abend rastlos tätig. Ein wahrer Feuereifer ergriff ihn, eine
mächtige Ahnung, daß er nur dann seinen Beruf ganz und voll erfüllen
könne, wenn er alle seine Kräfte soviel wie möglich zur Entfaltung und
Ausbildung bringe.
Ein anregender, herzlicher Verkehr mit gleichgesinnten Freunden gab
diesem Streben weiteren Vorschub. Besonders schloß er sich an den
jungen, später als Kupferstecher berühmt gewordenen Thäter an, der
ihm ein treuer Genosse in seinen Arbeiten und seinen Entbehrungen wurde.
Sie lasen viel zusammen. „Ein heißes Verlangen," erzählt Rietschel,
„viel zu lernen, und das Gefühl, so ganz ohne alle Vorbildung zu sein,
trieb uns zu einer Hast, daß wir gern alles auf einmal vorgenommen
hätten. Es wurde gemeinsam studiert, Geschichte getrieben und Dichter-
werke gelesen. Unser empfänglicher Sinn verschlang mit Begeisterung
Goethes und Shakespeares Werke, auch die Alten wurden mit Bewunde-
rung gelesen, und unser Leben war durch die Freundschaft, durch das
Bewußtsein treu angewandter Zeit und durch das Gefühl inneren Reifens
und Fortschreitens ein ungetrübt glückliches." — Für den Meißel ent-
schied sich Rietschel erst, als ihm im dritten Jahre seines Dresdner Auf-
enthaltes eine Unterstützung von drei Talern monatlich in Aussicht gestellt
wurde, wenn er Modelleur für das Eisenwerk Lauchhammer werden wollte.
Dessen Besitzer, Graf Einsiedel, löste ihn später in edelster Weise von
seinen Verpflichtungen.
In Dresden fehlte es damals gänzlich an tüchtigen Lehrern der
Bildhauerkunst. Rietschel hatte schließlich sechs Jahre hier zugebracht,
ohne daß er von seinen Leistungen und dem Vorwärtsschreiten in der
Bildhauerei befriedigt gewesen wäre. So entschloß er sich denn, dem
Beispiele seiner Freunde, die Dresden ebenfalls sämtlich verlassen hatten,
zu folgen und nach Berlin zu dem berühmten Bildhauer Rauch zu
wandern — zu wandern im buchstäblichen Sinne; denn zu der teueren
Postfahrt reichten seine Mittel nicht aus. In Torgau aber zwang ihn
das wilde Novemberwetter, sich auf die Post zu setzen. Ein mitleidiger
Postillion hüllte den in seiner leichten Kleidung halb Erfrorenen in eine
Pferdedecke. Ohne Mittel, ohne Empfehlungen, ohne Freunde und Be-
kannte kam er nach Berlin. Es war eine besondere Auszeichnung, von
dem größten der damals lebenden Bildhauer, dem Altmeister Rauch, als
Schüler angenommen zu werden. Mit klopfendem Herzen trat Rietschel
in die Werkstätte des Gewaltigen und ob seiner Strenge Gefürchteten.
Rauch machte ihm zunächst wenig Hoffnung. Als er aber die Zeichnungen
des talentvollen Jünglings gesehen hatte, nahm er ihn in seine Werkstatt
auf und gewann ihn bald so lieb, daß er ihn zu seinen Abenden heranzog.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
300
gütiger Fürst, nämlich Dietrich von Landsberg, der Sohn Heinrichs des
Erlauchten, durch einen Gnaden- und Freibrief, in dem allen Kaufleuten
zugesichert wurde, daß niemand das Recht haben sollte, sie zu bedrücken
oder ihre Güter mit Beschlag zu belegen.
Die Erfindung der Buchdruckerkunst brachte der Stadt insofern
Nutzen, als um das Jahr 1485 eine Buchdruckerei errichtet
wurde. Bald entstanden neue derartige Anstalten, und heute wird
es wohl keine Stadt geben, die soviel Buchdruckereien ausweisen könnte
wie Leipzig. Dadurch wurde es aber auch für den Buchhandel wichtig,
und schon im 18. Jahrhundert hatte es die Stadt Frankfurt am Main,
die früher für den deutschen Buchhandel tonangebend gewesen war, über-
flügelt. Jetzt ist Leipzig der Mittelpunkt des gesamten deutschen Buch-
handels und ein Hauptplatz des Musikalienhandels. Nicht
nur, daß seine 250 Verlagsbuchhandlungen selbst einen sehr großen Teil der
literarischen Erzeugnisse Deutschlands auf den Markt bringen, auch ander-
wärts verlegte Bücher fließen in die Bücherlager der 162 „Kommissionäre"
hier zusammen und werden durch diese in alle Welt versandt. Alljährlich
zu Ostern ist die Buchhändlermesse, die für den deutschen Büchermarkt
eine hervorragende Bedeutung hat. Das neue, große und schöne Buch-
händlerhaus, in dem die Versammlungen der Buchhändler abgehalten
werden, gibt deutliches Zeugnis von der Blüte des Leipziger Buchhandels,
ebenso das Buchgewerbemuseum mit seinen kostbaren und sehens-
werten Bücherschätzen und Ausstellungen für graphische Kunst.
Mit dem ersten Büchermärkte im Jahre 1615 wurde zugleich auch
ein Wollmarkt in Leipzig eröffnet, der seitdem alljährlich abgehalten wird.
Wenn irgend eine neue Ware in der Welt bekannt werden sollte, so
brauchte sie nur zu den Messen nach Leipzig gebracht zu werden. Händler
aus allen Weltteilen kamen herzu, sahen die Neuheiten und kauften sie,
wenn sic ihnen gefielen. So wurde Leipzig für die Gewerbtätigkeit
Deutschlands eine willkommene Vermittlerin. Als die wegen ihres Glaubens
aus Frankreich vertriebenen Protestanten die Seiden- und Sammetweberei
auch in einzelnen Gegenden unseres deutschen Vaterlandes einführten, da
fanden sie auf den Leipziger Meffen die beste Gelegenheit, ihre Stoffe an
den Mann zu bringen.
Napoleon I. schadete mit der Festlandssperre dem Leipziger Handel
ganz bedeutend. Als er hier Nachsuchungen nach englischen Waren halten
ließ, fand man so viele, daß durch deren Vernichtung bedeutende Summen
verloren wurden und eine Teuerung eintrat.
Den größten Aufschwung nahm Leipzig in der neuesten Zeit durch
die Eisenbahnen. Im Jahre 1836 wurde der erste Spatenstich zur
ersten großen Eisenbahn Deutschlands, zu der Leipzig-Dresdner Bahn,
getan, und am 7. April 1839 konnte man den ersten Zug von Leipzig
nach Dresden ablassen. Bald entstanden noch andere Bahnen, so im
Jahre 1840 die nach Halle, 1842 die nach Altenburg, 1856 die nach
Thüringen, 1859 die nach Berlin u.s.w. Heute besitzt Leipzig einen großen
Hauptbahnhof, von dem Schienenwege nach allen bedeutenden Städten
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art]]
TM Hauptwörter (200): [T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T147: [Jahr Erfindung Buch Gutenberg Buchdruckerkunst Johann Mainz Zeit Buchstabe Jahrhundert], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium]]
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
15
haben bekanntlich niemals vernünftigen Grund, mithin wäre es lächer-
lich gewesen, da mit Worten zu widerlegen, wo das Werk deutlicher sprach.
Im Sommer 1812 wurden zugleich mit dem Turnplatz die Turn-
übungen erweitert. Sie gestalteten sich von Turntag zu Turntag viel-
facher und wurden unter freudigem Tummeln im jugendlichen Wettstreben
auf geselligem Wege gemeinschaftlich ausgebildet. Es ist nicht mehr genau
zu ermitteln, wer dies und wer das zuerst entdeckt, erfunden, ersonnen,
versucht, erprobt und vorgemacht hat. Von Anfang an zeigte die Turn-
kunst einen großen Gemeingeist und vaterländischen Sinn, Beharrlichkeit
und Selbstverleugnung. So ist es noch.
Beim Aufruf des Königs vom 3. Februar 1813 zogen alle wehr-
haften Turner ins Feld, und die Sache stand augenblicklich wie verwaist.
Nach langem Zureden gelang es mir in Breslau, einen meiner ältesten
Schüler zu gewinnen, daß er während des Krieges an meiner Stelle das
Turnwesen fortführen wollte.
Wenn auch zuerst nur einer als Bauherr den Plan entworfen hat,
so haben doch Meister, Gesellen, Lehrlinge und Handlanger treu und red-
lich gearbeitet und das Ihrige mit Blick und Schick beigetragen. Das ist
nicht ins einzelne zu verzetteln. Auch soll mau nicht unheiligerweise
Lebende ins Gesicht loben.
Berlin, den 31. März 1816. F. L. Jahn.
14. Das Loch im Ärmel.
Ich hatte einen Spielgesellen und Jugendfreund, namens
Albrecht, erzählte einst Herr Marbel seinem Neffen Konrad. Wir
beide waren überall und nirgend, wie nun Knaben sind, wild,
unbändig. Uns’re Kleider waren nie neu, sondern schnell besudelt
und zerrissen. Ha gab es Schläge zu Hause; aber es blieb beim
alten. Eines Tages saßen wir in einem öffentlichen Garten auf
einer Bank und erzählten einander, was wir werden wollten. Ich
wollte Generalleutnant, Albrecht Generalsuperintendent werden.
„Aus euch beiden wird im Leben nichts!“ sagte ein steinalter
Mann in feinen Kleidern und weiß gepuderter Perücke, der hinter
unserer Bank stand und die kindlichen Entwürfe angehört hatte.
Wir erschraken. Albrecht fragte: „Warum nicht?“ Her Alte
sagte: „Ihr seid guter Leute Kinder, ich sehe es euem Böcken
an; aber ihr seid zu Bettlern geboren; würdet ihr sonst diese
Löcher in euern Ärmeln didden ?“ Habei faßte er jeden von uns
an den Ellenbogen und bohrte mit den Fingern in die daselbst
durchgerissenen Ärmel hinauf. — Ich schämte mich, Albrecht auch.
„Wenn’s euch“, sagte der alte Herr, „zu Haus niemand zunäht,
warum lernt ihr’s nicht selbst? Im Anfang hättet ihr den Bock
mit zwei Nadelstichen geheilt; jetzt ist es zu spät, und ihr kommt
wie Bettelbuben. Wollt ihr Generalleutnant und Generälsuperintendent
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium]]
TM Hauptwörter (200): [T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
Extrahierte Personennamen: F._L._Jahn Albrecht Albrecht Marbel Konrad Konrad Albrecht_Generalsuperintendent Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht
229
99. Zur Geschichte der deutschen Telegraphie.
„Das ist eine deutsche Idee!" sagte am 5. November 1809
Napoleon I. zu seinem Leibarzte, als dieser ihm einen vollständigen
elektrischen Telegraphen vorgelegt und dabei erklärt hatte, daß mit
diesem Apparat zwischen Straßbnrg und Paris eine unmittelbare Ver-
bindung möglich sei. Der Kaiser erklärte die Legung und Sicherung
eines Verbindungsstranges von solcher Länge sur viel zu schwierig,
um ausgesührt zu werden, und wies damit die Erfindung als eine
„deutsche Träumerei" — denn das lag in dem wegwerfenden Tone,
mit dem er sie als eine „deutsche Idee" bezeichnete — ohne weiteres
von sich.
Wir nehmen heute Napoleons Ausspruch als ein geschichtliches
Zeugnis aus dafür, daß die Erfindung des Telegraphen eine deutsche
ist. Die große Menge des Volkes knüpft zwar die Erfindung an den
Namen Morse; der hat sich jedoch lediglich durch Verbesserungen
Verdienste erworben.
Der Erfinder des elektrischen Telegraphen ist der berühmte
Samuel Thomas von Soemmerring, und die Zeit der Erfindung das
Jahr 1809. Soemmerring, ein geborener Thorner, war Professor der
Anatomie in Mainz, dann praktischer Arzt in Frankfurt a. M., ging
1804 als Mitglied der Akademie der Wissenschaft nach München und
wurde 1810 kgl. bayr. Geheimer Rat. Ihm gebührt die Ehre, um
die sich noch in der neuesten Zeit Russen, Engländer und Amerikaner
streiten, die Ehre der ersten Idee, den Galvanismus zur Telegraphie
benutzt zu haben. Die Veranlassung zu dieser Erfindung war folgende:
Am 5. Juli 1809 saß Soemmerring in Bogenhausen an der
Tafel des Ministers Graf Montgelas. Im Laufe der Unterhaltung
äußerte der Minister, die Akademie würde ihn erfreuen, wenn sie
ihm Vorschläge zu einem möglichst zweckmäßigen Telegraphen vorlege.
Vis dahin hatte man sich meist mit optischen Telegraphen begnügen
müssen, die aber bei trübem Wetter ihrem Zwecke gar nicht oder nur
sehr unvollkommen genügen konnten. Der Wunsch des Ministers
brachte Soemmerring , der in seinen Mußestunden gern physikalischen
und chemischen Studien oblag, auf den Gedanken, isolierte galvanische
Drähte zu einem, telegraphischen Leitrmgsseil zusammenzuwinden „und
dadurch etwas Ähnliches wie einen Nervenstrang zu konstruieren".
Wie er nun, daran festhaltend, Versuch an Versuch reiht, bis endlich
die ganze Erfindung vollendet und der erste Apparat erprobt ist, dies
alles hat Soemmerring in einem Tagebuche niedergelegt.
Für den ersten elektrischen Apparat der Erde hatte Soemmerring
einen Glaskasten anfertigen lassen, dessen Boden aus Kork bestand,
und in welchem 27 einzelne Goldstiste befestigt und mit den Buch-
staben des Abc bezeichnet waren, ferner für den Schreiber des
Telegramms ein ähnliches Gestell, dessen 27 Zapfen ebenso bezeichnet
waren.
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung]]
TM Hauptwörter (200): [T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T147: [Jahr Erfindung Buch Gutenberg Buchdruckerkunst Johann Mainz Zeit Buchstabe Jahrhundert]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon_I. Napoleons Samuel Thomas_von_Soemmerring
Extrahierte Ortsnamen: Straßbnrg Paris Mainz Frankfurt_a._M. München Bogenhausen Graf_Montgelas
230
Er zeigte den Telegraphen in der Sitzung der Akademie. Bei
einem Aufenthalte in München lernte Napoleon den neuen Telegraphen
kennen. Er war nicht der einzige Zweifler. Ein Landsmann Soemmer-
rings erklärte, noch ehe die Abbildung der Apparate veröffentlicht
war, die ganze Sache für eine seltsame Idee, die wohl nur einem
Scherze ihren Ursprung verdanke.
Durch einen russischen Staatsrat gelangte die Kunde von der
Erfindung auch nach Rußland. Kaiser Alexander wohnte selbst dem
Versuche bei, der mit einem nach Soemmerrings Plane in München
verfertigten Telegraphen unternommen wurde. Auch dem Kaiser von
Österreich und anderen hohen Herren wurde er vorgeführt. Trotzdem
man die Wichtigkeit der Erfindung allmählich einzusehen begann, blieb
sie weiter nichts als eine wissenschaftliche Seltenheit ohne praktische
Anwendung. Soemmerring versuchte sein Heil auch in England. Doch
auch dieser Schritt blieb ohne Erfolg. 1830 starb Soemmerring.
Aber sein Werk konnte nicht untergehen, wenn auch sein Name von
diesem Werke getrennt, verschwiegen und endlich vergessen werden
konnte.
Im Jahre 1833 konstruierten die zwei Professoren Gauß und Weber
in Göttingen, von denen der eine vor 18 Jahren Soemmerrings
Apparat in München kennen gelernt hatte, einen sogenannten Nadel-
telegraphen, welcher mit einer doppelten Drahtleitung die Universität
mit einem außerhalb der Stadt gelegenen Gebäude in Verbindung
setzte. Probeversuche wurden auch an anderen Orten und in ver-
schiedenen Ländern unternommen. Aber erst dem Engländer Wheatstone
und dem Amerikaner Morse gelang es 1837 — also 28 Jahre
nach Soemmerrings Erfindung — die große Erfindung ins Leben
einzuführen, Wheatstone durch Verbesserung des Nadeltelegraphen,
Morse durch Konstruierung des Schreibtelegraphen. Beide haben
sich durch festen Willen in der Verfolgung ihrer praktischen Zwecke ein
Recht auf besondere Auszeichnung in der Geschichte der Erfindung
erworben. Aber die Erfinder der Telegraphie sind sie nicht.
Nach der Gartenlaube.
100. Vom ersten Telephon.
Schon Simplicissimus wollte „ein Instrument herrichten,
vermittelst dessen man, sonderlich bei stiller Nacht, wunderbar-
licherweise alles hören kann, was in unglaublicher Ferne ertönt
oder geredet wird, was sonst unmenschlich oder unmöglich ist,
den Schildwachen und sonderlich bei Belagerungen sehr nütz-
lich.“ Leider hat der Schelm sich einer näheren Beschreibung
des wunderbaren Instrumentes enthalten. Erst vor wenig Jahr-
zehnten hat die Welt das Instrument erhalten, mit welchem man
„wunderbarlicherweise hören kann, was in unglaublicher Ferne
ertönt oder geredet wird.“ Dieses Instrument ist der Fern-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Alexander Alexander Weber Morse
Extrahierte Ortsnamen: München Rußland Soemmerrings München England Göttingen München Soemmerrings